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Krisen: Selbsthilfe und praktischer Umgang mit "Pillen"

ACHTUNG: Ich bin keine Medizinerin o.ä.. Bitte wendet euch bei Beschwerden und für Informationen an das medizinische Fachpersonal. Verschreibung, Dosierung, Anwendungshinweise obliegen ebenfalls Ärzten und Heilpraktikern. Ich übernehme keine Haftung für Schäden infolge dieser Informationen.

Vielleicht bist du in einer Krise.

Deine Frage ist: Was tun - und: nehme ich "Chemie" oder nicht?

Hier gibt es keine allgemeingültige Antwort. Pros und Cons zu Psychopharmaka möchte ich hier nicht aufzählen, das weißt du sicher alles selbst oder findest es im Netz. Mir geht es hier um deine SELBSTHILFE, deine ENTSCHEIDUNG,  und ggf. um den UMGANG MIT MEDIKAMENTEN.

In schlechten Zeiten neigen wir dazu, kleine hilfreiche Dinge zu unterschätzen. Sie "retten" dich nicht, das willst du aber. Alles andere ist nichts wert. So klingt die Logik der Krisenstimme. Wir suchen nach DER Lösung, manchmal gibts die auch, die Suche lohnt sich betimmt. Wie aber die Zwischenzeit rumkriegen oder weitermachen, wenn der große Paukenschlag nicht so schnell kommt?

Ohne "Pillen": Die "5%-Dinge"

Die nenne ich so, weil sie deinen Zustand um vielleicht 5 % verbessern. Mager. Aber 5 % weniger Katastrophe oder 5 % mehr Lebenswillen können sehr sehr angenehm (und entscheidend) sein. Daher: wenn du dich irgendwie aufraffen kannst, mach deine 5%-Dinge, auch ohne Überzeugung. Vielleicht gibt dir das 5 %-Plus-Level die Energie oder die Motivation für die nächsten 5 %. Außerdem erfährst du mit den 5%-Dingen so etwas wie Selbstwirksamkeit, d.h. du spürst, dass du überhaupt etwas tun kannst.

Hilft dir für eine Krise eine Verordnung von Manueller Therapie, weil es dich unterstützt, wenn jemand deinen Körper berührt oder beruhigt oder entspannt? Kannst du Freunde bitten, dich abwechselnd täglich anzurufen? Tut es dir gut, regelmäßig in den Zoo/ den Wald/ am Rhein spazieren zu gehen? Was beruhigt/entspannt/unterstützt dich?

Die Frage in dem Moment ist nicht: Habe ich Lust dazu? Hast du vermutlich nicht, und du denkst, es bringt nichts. Die Frage ist: Hat es mir schon mal gut getan? Du wirst in einer Krise eher jein als ja sagen, aber bei einem "jein" lohnt sich schon das Testen. Auch eine dunkle Erinnerung an "damals in dem anderen Leben fand ich das mal irgendwie gut" heißt "ja".

Auch "Sündigen" kann eine gute Option sein. Wenn dir ein Stück Sahnetorte, eine Zigarette, ein teures T-Shirt helfen, deinen Zustand zu verändern, dann mach das mal. Es gibt keinen Dammbruch und danach wirst du dick/süchtig/gehst pleite, sondern du hast halt mal was gemacht, es hört auch wieder auf (für ehemalige RaucherInnen ist die Torte vielleicht die bessere Wahl).

Du kannst dir in guten Zeiten einen Notfallplan aufschreiben:

- Gedanken, die du dann hast, aber von denen du weißt, sie stimmen eigentlich nicht. Du schreibst also: Nicht glauben: und dann allen Quatsch, den du dannn üblicherweise denkst (die Klassiker: Ich bin nichts wert. Keiner liebt mich. Ich bin nicht gut genug. Ich muss mich mehr anstrengen...)

- Liste der 5%-Dinge - in Krisen haben wir ein schlechtes Gedächtnis und sind unkreativ. Also vorher erledigen. (Z.B. Freunde anrufen. Ein Bad nehmen. Spazieren gehen. Rad fahren. Einen Baum umarmen. Unkraut rupfen. Die Küche putzen. Einen Krimi lesen. Shoppen gehen. Eine Entspannung hören....)

Eine Liste weiterer möglicher 5%-Dinge findest du in einem extra-Blogbeitrag.

 

Mit "Pillen": Die Pille und ICH

Es gibt für jede Krankheit eine Behandlungsempfehlung, der viele Ärzte folgen, in Abstimmung mit ihrer eigenen Erfahrung und (hoffentlich) dem Gespräch mit dir. Jedes Medikament hat bestimmte Anwendungsgebiete (die manchmal etwas merkwürdig sind...), Dosierungsempfehlung, Art der Anwendung. In diese Empfehlung ist aber DEIN Organismus und DEIN Empfinden nicht eingerechnet.

Daher ist es sehr sinnvoll, SELBST herauszufinden, wie du auf welches Präparat reagierst. Viele Psychopharmaka haben unangenehme Nebenwirkungen, von denen auch nicht ganz klar ist, ob sie nach dem Absetzen vollständig verschwinden. Daher macht es Sinn, eine möglichst niedrige, aber für dich subjektiv noch hilfreiche Dosis zu ermitteln. Auch phasenweise kann es sinnvoll sein, eine Dosierung zu ändern. Meiner Meinung nach kannst du das selbst machen, es ist dein Körper. Frag deine Ärztin, wie man eine Änderung vornimmt (kleinschrittig oder gleich im geplanten Maß). Viele ÄrztInnen sind auch interessiert und folgen gerne den Erfahrungen ihrer PatientInnen.

Medikamente werden meist als Tabletten verschrieben, die man ganz einnimmt. Man könnte vermuten, dass die Pharmaindustrie gerne große Dosen verkauft. Du brauchst sie aber nicht nehmen. Vielleicht brauchst du als sensibler Mensch nur die Hälfte. Daher kann es sinnvoll sein, die Ärztin um Tropfen zu bitten. Die Dosierung lässt sich in ganz kleinen Schritten ändern. Tropfen sind etwas komplizierter in der Herstellung, daher manchmal teurer und man muss vielleicht mal Überzeugungsarbeit leisten. Gibt es nur Tabletten, mach sie klein, schneiden, hämmern und den Staub dosieren.

Auch Nebenwirkungen sind subjektiv. Für den einen ist ein bisschen Zittern egal, für den anderen die Gefahr von schlechterem Schlaf der Weltuntergang. Wenn also zwei Medikamente im Prinzip gleich gut wären, nimm das mit den subjektiv angenehmeren Nebenwirkungen.

Bei allen Psychopharmaka: lies den Beipackzettel und halte dich beim Absetzen an die Regeln.

und: alles verändert sich - auch der Krise wird es irgendwann langweilig bei dir und sie sucht sich einen anderen!